Gesundheit
Was ist eine gesundheitsfördernde Schule?
Eine gesundheitsfördernde Schule möchte Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit durch die gesundheitsfördernde Gestaltung von Schulleben und Unterricht ermöglichen. Sie orientiert sich an den Prinzipien Partizipation, Visionsorientierung, vernetztes Denken, Chancengerechtigkeit, Empowerment und Langfristigkeit.
Warum sollte sich jede Schule mit dem Thema «Gesundheit» auseinandersetzen?
Faktoren
Lernen der Schüler:innen
Lebensweltorientierung und ein schülerorientiertes Unterrichtsklima ermöglichen die Erfahrung von Sinnhaftigkeit. Ein Team sollte sich die Frage stellen, welche Bedeutung die vier Dimensionen «Wissen-Lernen», «Können-Lernen», «Lernen-Lernen» und «Leben-Lernen» für die individuelle Förderung, Entscheidungsspielräume und kooperative Lernformen haben. Sie tragen zur Erfüllung der Grundbedürfnisse bei und wirken sich so auf die Motivation und das Wohlbefinden und damit die Leistungsfähigkeit der Lernenden positiv aus.
Mehrebenensystem Schule
Die Förderung eines gesunden Schulklimas und einer positiven Schulgemeinschaft, die Bereitstellung gesundheitsfördernder Ressourcen oder die Fokussierung auf gute Beziehungen sind Massnahmen, die auf der Mikro- und Mesoebene ergriffen werden können:
Gleichzeitig gilt es zu prüfen, welche Unterstützung durch Schulbehörden und Bildungspolitik oder auch lokalen Gesundheitsdiensten integriert werden können, um die Etablierung von Gesundheitsförderung in die Schulprogramme und -richtlinien zu fördern.
Prozessgestaltung
Bei Veränderungsprozessen werden die Lehr- und Fachpersonen an der Entscheidungsfindung für die konkrete Umsetzung beteiligt und die Prozesse werden auch im Hinblick auf die Gesundheit der Mitarbeitenden geplant und umgesetzt.
Der Selbsteinschätzungsbogen (siehe Materialien) gibt Sicherheit in der Planung und identifiziert die Handlungsfelder.
Haltungen und Emotionen
Klare Verantwortlichkeiten und ein konkreter Veränderungswille sind unabdingbar und Voraussetzung für das Engagement aller Beteiligten. Es ist wichtig, die persönliche Betroffenheit und Bedürfnisse der Beteiligten zu erfragen, Transparenz zu schaffen und gleichzeitig entlastende Massnahmen gemeinsam zu entwickeln.
Soziale Unterstützung, Verbundenheit, Vertrauen, Nähe und Sensibilität, Verstehen der eigenen Emotionen und derjenigen der Schüler:innen sind Schlüsselfaktoren für die Qualität der Beziehung zwischen Lehrpersonen und Lernenden. Fühlen sich Lehrpersonen wohl und sind sie zufrieden mit dem allgemeinen Klima an der Schule, sind sie eher bereit, Schüler:innen mit beeinträchtigter psychischer Gesundheit zu helfen.
Resonanzraum Bildung Podcast Special zum Schulnetz21: Podcastfolge 2: Sekundarschule Nauen “Am Anfang ist Beziehung – Beziehungskompetenz als Schlüssel für Gesundheit und Lernerfolg”
Kooperation und Kommunikation
Kooperationen entlasten und Beziehungen stärken Lehrpersonen. Gleichzeitig ist die Bekanntmachung von Ressourcen und Anlaufstellen sowie eine wertschätzende und transparente Kommunikation entscheidend, um alle Beteiligten effektiv einzubinden und zu unterstützen.
Eine unterstützende Zusammenarbeit im Team ist eine nicht zu unterschätzende Ressource. Eine wertschätzende und transparente Kommunikation ist wesentlich für die erfolgreiche Prozessgestaltung auf dem Weg zu einer gesundheitsfördernden Schule. Die Vernetzung sowohl auf individueller als auch auf organisationaler Ebene nach innen (z.B. durch multiprofessionelle Kooperationen) und aussen (z.B. durch Fachstellen) sind wichtige Unterstützungshilfen.
«Die am Arbeitsort erhaltene Unterstützung ist einer der wichtigsten Schutzfaktoren gegen emotionale Erschöpfung von Lehrpersonen (Doudin & Curchod-Ruedi, 2009).»
Rahmenbedingungen
Um eine gesundheitsfördernde Schule erfolgreich und nachhaltig zu etablieren, sind genügend Zeit für die Entwicklung und langfristiges Denken unerlässlich, wobei Zeitressourcen speziell für Reflexion und Planung in der Arbeitszeit berücksichtigt werden müssen. Eine Steuergruppe sollte die Umsetzung leiten und Gesundheit als Querschnittsthema integrieren, um sicherzustellen, dass langfristige Ziele und Massnahmen nachhaltig in der Schulkultur verankert werden.
Wichtig für den Erfolg sind ein klares Commitment der Behörden sowie ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen.
Individuelle und organisationale Kompetenzen
Um individuelle und organisationale Kompetenzen in einer gesundheitsfördernden Schule zu stärken, ist es entscheidend, Synergien zu nutzen und eine Kultur des Miteinanders und Austauschs zu fördern. Welches Wissen ist an Ihrer Schule bereits vorhanden? Durch Weiterbildungen können Bedarfe gedeckt und durch das Teilen von best practice Erfahrungen geteilt werden. Der anschliessende Austausch und das unmittelbare Einbinden in die Praxis ist jedoch wichtig, um das Thema Gesundheit nachhaltig zu nutzen und um ein tiefgreifendes Bewusstsein und fundiertes Wissen über Gesundheit in der Schulgemeinschaft zu etablieren.
Führung
Ein geeigneter (transformationaler) Führungsstil der Schulleitung (z.B. echte Partizipation, individuelle Unterstützung und Förderung der Mitarbeitenden, Rollenklarheit, Kommunikation und Fairness, gemeinsame Ziele und Perspektiven), ein klares Commitment und die Kooperation der Lehrpersonen mit der Schulleitung und untereinander beeinflussen die Arbeitszufriedenheit der Lehrpersonen.
Den Rahmen für Gesundheitsförderung zu definieren, ist ebenso Führungsaufgabe. Dazu gehört auch, Personen zu stärken, die ausgestattet mit genügend Ressourcen und Kompetenzen die Koordination und Themen-Hüterschaft übernehmen. Dabei ist es entscheidend, eine Grundüberzeugung in der Schulleitung und im Kollegium zu etablieren, dass Gesundheit von zentraler Bedeutung ist.
Dynamiken
Beobachten Sie den Prozess und überprüfen Sie, ob das Gleichgewicht zwischen den ambitionierten Zielen für Schüler:innen und der realistischen Kapazität der Lehrpersonen gewahrt ist. Es gilt, zunächst zu reflektieren, welche Massnahmen bereits umgesetzt werden und Prioritäten zu setzen, indem man sich auf das konzentriert, was aktuell am dringendsten benötigt wird.
Eine solide Grundlage für diese Bemühungen ist unerlässlich; wird das Thema der Mitarbeitendengesundheit vernachlässigt, kann dies zu einer Negativspirale führen. Gegenseitige Unterstützung und eine starke Kultur der Gesundheitsförderung können das allgemeine Wohlbefinden und die Resilienz der Schulgemeinschaft auch in Krisenzeiten stärken.
Gesellschaft
Stellen Sie die in den Medien immer wieder erwähnte und in Studien aufgezeigte Belastung von Lehrpersonen und die steigende Bedeutung der psychischen Gesundheit für Kinder, Jugendliche und Lehrpersonen mit dem umgehenden Handlungsbedarf in Ihrer Schule in Zusammenhang.
Überlegen Sie, ob weitere gesellschaftliche Entwicklung wie z.B. der Fachkräftemangel oder das sich wandelnde Image des Lehrberufs es notwendig macht, attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen und die berufliche Entwicklung zu fördern, um Ihre Schule nachhaltig und gesund zu gestalten.
Konkretisieren Sie aufgrund dessen Ihre Ansätze wie die Entwicklung von Resilienz-Programmen, die Förderung psychosozialer Kompetenzen oder die Bereitstellung von Unterstützungsangeboten für die Gesundheit der Lehrpersonen und pädagogischen Mitarbeitenden.
Resonanzraum Bildung Podcast Special zum Schulnetz21: Podcastfolge 1 Schulkreis Glattal “Schule als Lebensraum”.
Zentrale Handlungsaspekte: wie kann ich vorgehen?
Entdecken Sie praxisnahe Ansätze zur Frage «Wie kann ich konkret handeln?», um eine gesunde Schule zu gestalten – im Folgenden bieten wir Ihnen Einblicke in die Schlüsselelemente dieses wichtigen Prozesses.
Eine mögliche Vorgehensweise für den Aufbau einer gesunden Schule ist Zugang über «Schule handelt». Die Schule Pestalozzi gibt einen Einblick:
Erklärvideo «Schule handelt»
Gemeinsam gesund vorwärts: Ein Check-up für unsere Schule
Um eine effektive Standortbestimmung für Ihr Schulentwicklungsprojekt durchzuführen, beginnen Sie mit einer gründlichen Analyse des aktuellen Status: Fragen Sie «Wo stehen wir?» und «Wie geht es uns?» Erheben Sie die spezifischen Bedürfnisse, aber auch die Ideen aller Betroffenen. Erfragen Sie die aktuellen Herausforderungen in Ihrer Schule.
Gesundheit als Herzstück: Ein ganzheitlicher Ansatz für Schulen
Definieren Sie Gesundheit als zentrales Element in allen Bereichen des Schulalltags, von der Gestaltung ergonomischer Lernräume über die Förderung mentaler Gesundheit bis hin zu gesunden Ernährungsoptionen in der Mensa.
Überlegen Sie bei jeder Massnahme, welchen Einfluss sie auf alle weiteren Bereiche ihrer Schule haben kann. Werden Sie sich dazu vorher bewusst, welche Bereiche Ihrer Schule daran anknüpfen, und wie Massnahmen in der Entwicklung aller Bereichen synergetisch wirken können.
Die Vision der Gesunden Schule: Wege zur Realisierung
Steuern Sie den Weg zur Visionsorientierung, indem Sie wünschenswerte und machbare Zukunftsvorstellungen für Ihre Schule entwickeln und kommunizieren. Dies erfordert die Beteiligung aller relevanten Akteure und sollte lustvoll und motivierend gestaltet sein.
Risiken und Schutzfaktoren für die Gesundheit: Eine ausgewogene Perspektive
Identifizieren Sie konkret die Risikofaktoren, die das Wohlbefinden Ihrer Schülerschaft beeinträchtigen könnten, wie etwa Stress, soziale Isolation oder ungesunde Ernährung, und entwickeln Sie gezielte Massnahmen zur Risikoreduktion. Gleichzeitig sollten Sie Schutzfaktoren fördern, wie eine unterstützende Gemeinschaft, gesunde Lebensweisen und ein positives Lernumfeld, um die Gesundheit und das Wohlbefinden nachhaltig zu stärken.
360° Gesundheitsperspektive: Vielschichtige Einflüsse im Fokus
Um das umfassende Gesundheitsverständnis, sollten Sie alle für Ihre Schule relevanten Gesundheitsdeterminanten identifizieren und integrieren. Konzentrieren Sie sich darauf, diese Determinanten in Ihre strategische Planung einzubeziehen und Massnahmen zu entwickeln, die diese Faktoren gezielt ansprechen und in das tägliche Schulleben einfließen lassen.
Determinanten können Räumlichkeiten, Arbeitsbedingungen, Ernährung oder regelmässige Bewegungsphasen genauso sein wie die Einbeziehung von Schüler:innen und Eltern, das Schulklima, die mentale Gesundheit oder Wissensprogramme zur Gesundheitserziehung.
Empowerment in Aktion: Selbstbestimmung auf allen Ebenen der Schule
Fokussieren Sie darauf, konkrete Massnahmen und Strategien zu entwickeln, die Selbstbestimmung der Lehrpersonen und des pädagogischen Personals genauso wie die der Schüler:innen in Bezug auf gesundheitsförderliche Lebensweisen und Lebensbedingungen ermöglichen. Setzen Sie sich aktiv dafür ein, diese Strategien in die tägliche Praxis zu integrieren, um so ein Umfeld zu schaffen, das sowohl individuelle als auch kollektive Gesundheit fördert und unterstützt.
Partizipation als Schlüssel: Gemeinsam gestalten und bewerten in der Schulentwicklung
Binden Sie aktiv Vertreter:innen der verschiedenen Settings und Zielgruppen in alle Phasen der Planung, Umsetzung und Evaluation ein. Beispielsweise könnten Sie Lehrpersonen, Schüler:innen, Eltern und lokale Gemeindemitglieder in Entscheidungsgremien gewinnen, um regelmässige Feedback- oder Sounding–Runden zu organisieren und Arbeitsgruppen für spezifische Projekte zu bilden. Dabei sind die Fragen handlungsleitend: Wer ist betroffen / beteiligt? Wer hat etwas beizutragen? Die Ressourcen, die für die aktive Beteiligung nötig sind, sind dabei klar zu klären und transparent zu machen.
Setting-Ansatz in der Schule: Gesundes Verhalten und förderliche Verhältnisse gestalten
Betrachten Sie Schule als ein Setting (Settingansatz gemäss Ottawa Charta, WHO 1986), das wertvolle Gelegenheiten bietet, gesundes Verhalten bei den Schüler:innen zu fördern und auf struktureller Ebene gesundheitsförderliche Rahmenbedingungen und eine unterstützende Lernumgebung zu schaffen. Setzen Sie etwa auf strukturelle Veränderungen, wie das Austauschen von Haltungen und Setzen von Leitplanken im Umgang mit schwierigen Schulsituationen, die Implementierung von Bewegungsprogrammen während des Schultages oder die Einführung gesundheitsbewusster Ernährungskonzepte in der Schulkantine.
Gesundheitliche Chancengleichheit und Vielfalt im Schulalltag
Berücksichtigen Sie angemessen Alter, Bildung, sozialen Status, Gender, sexuelle Orientierung, Migration, Beeinträchtigungen usw. bei der Wahl der Settings, Zielgruppen und Vorgehensweise. Dazu zählen beispielsweise Klassenzimmer und Pausenbereiche, die auf die spezifischen Bedürfnisse unterschiedlicher Gruppen zugeschnitten sind, einschliesslich verschiedener Altersstufen, kultureller Hintergründe und Fähigkeiten. Wählen Sie dabei eine inklusive Vorgehensweise, die differenzierte Lehr– und Lernmethoden, mehrsprachige Materialien und barrierefreie Zugänge beinhalten, um sicherzustellen, dass alle Schülergruppen angemessen erreicht und unterstützt werden.
Materialien
Handlungsempfehlungen für die Gestaltung gesundheitsfördernder Schulen
Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit
Mehr Informationen zum Settingansatz
Praxisbeispiele
Die Themenseite wird laufend ergänzt.